Anleitung zum Glücklichsein

Ohne Titel

 

Es ist das Glück ein flüchtig Ding,

Und war's zu allen Tagen;

Und jagtest du um der Erde Ring,

Du möchtest es nicht erjagen.

Leg' dich lieber ins Gras voll Duft

Und singe deine Lieder;

Plötzlich vielleicht aus blauer Luft

Fällt es auf dich hernieder.

Aber dann pack' es und halt' es fest

Und plaudre nicht viel dazwischen;

Wenn du zu lang' es warten läßt,

Möcht' es dir wieder entwischen.

 

Emanuel Geibel (1815 - 1884)

 

 

Zweierlei Glück

 



Zweifältig ist der Menschen Art,


Zu leeren ihres Glücks Pokal:


Der eine zögert, nippt und spart –


Langwährend ist sein Glück – doch schal!



Der andre trinkt's im vollen Zug,


So lang es frisch und prickelnd ist:


Sein Glück ist kurz, doch süß genug,


Da er es nimmermehr vergißt.

 

A. de Nora (1864 - 1936)

 

 

Glück

 

Die Beute meines Glücks war arm,

Und dennoch war ich reich genug;

So reich als einer, der im Arm

Des Schicksals schönste Schätze trug.

Denn was mein Glück so groß gemacht

Und ihm so goldnen Schimmer lieh

Und es umwob mit Märchenpracht,

War – meine Kinderphantasie.

Vielleicht war alles, was ich fand

Und selig heimwärts trug im Schoß,

Nur leeres Spielzeug, Flittertand,

Und bunte kalte Kiesel bloß.

Doch all das nahm ich wie ein Kind

Für Perlen und Dukatenstück' –

Nicht was des Lebens Dinge sind,

Was sie uns gelten, ist das Glück!

 

A. de Nora (1864 - 1936)

 

 

Ohne Titel

 

Nie wirst du das Glück erhaschen,

Wenn du die Gunst des Augenblicks nicht ehrst.

Die Freude mißt sich nicht nach Ewigkeiten,

Es ist der Augenblicke flücht'ges Kind,

Und rasch, wie sie entstand, entflieht die Lust.

Sie ist ein selt'ner Gast des düstern Lebens,

Drum eile, sie mit heiterm Blick zu fesseln,

Wenn sie auf ros'gem Fittich sich dir naht.

 

Michael Beer (1800 - 1833)

 

 

Der Glückliche

 

Gar hochgebohren ist der Mann,

Der seinem Willen leben kann,

Deß edler Muth sein Adel ist,

Sein Ruhm die Wahrheit sonder List.

Dem Leidenschaft niemals gebot,

Nicht fürchtet Leben, oder Tod,

Weis seiner Zeit wohl bessern Brauch,

Als fürs Gerücht, der Narren Hauch.

Von Hof und Frohnen frank und frei,

Von Heuchlern fern und Büberei,

Was soll der Schmeichler bei ihm thun?

Auch für'm Tyrannen kann er ruhn.

Er neidet nicht und hat nicht Neid,

Kennt nicht der Thoren Ueppigkeit;

Kennt nicht gestürzten Stolzes Schmach,

Was der für Wunden folgen nach.

Der nicht den Staat, nur sich regiert,

Und harmlos so den Szepter führt,

Mehr gibt, als nimmt, und bittet Gott

Um Dankbarkeit und täglich Brod.

Der Mann ist frei und hochgebohr'n,

Hat Glück und Hoheit nie verlohr'n,

Vor Höhen sicher, wie vorm Fall,

Und hätt' er nichts, so hat er's All.

 

Johann Gottfried von Herder (1744 - 1803)

 

 

Ohne Titel

 

So muß man leben!

Die kleinen Freuden aufpicken,

bis das große Glück kommt.

Und wenn es nicht kommt,

dann hat man wenigstens

die "kleinen Glücke" gehabt.

 

Theodor Fontane (1819 - 1898)

 

 

Drei Wünsche

 

Ich wollte manchmal,

ich wäre so erfahren

wie ich alt bin,

oder auch nur

so klug,

wie erfahren ich bin,

oder wenigstens

so glücklich

wie ich klug bin …

Aber ich glaube,

ich bin zu dumm dazu …

 

Erich Fried (1921 - 1988)