3. Preis - XXII. Gedichtwettbewerb 2019

Am Karl-Heine-Kanal

Korkenzieherzweige pendeln

aus gebeugten Trauerweiden

kitzeln das vom Herbst mit Blätter

booten übersäte Wasser

Eine Bisamratte gleitet

Richtung Ufer Enten kreuzen

ihre Spur verrußte Brücken

weisen auf Fabrikportale

Durch Ruinen roter Klinker

bauten geistert längst verwehter

Lärm der Spinnereien Kabel

winden auf den Rampen rosten

Still gelegte Gleise laufen

in die abgestellte Leere

Tausende von Arbeitsplätzen

starben nach der Wende stürzten

in die Brachen Buntgarn trieb

durch den Kanal zur Weißen Elster

Nur das Ego schottet dich vom

Glück ab steht auf einem Ufer

Grenzstein Kunst dringt in Gemäuer

Farben frohe Aquarelle

fangen den Kanal ein Blaue

Fensterbänder weben Himmel

aus den Wolken "Wo war'n Sie, in Plagwitz?" murrt die Schaffnerin,

"da gibt's doch nix! Nu gehn Se doch

zum Denkmal von der Völkerschlacht!"

 

Rainer Rebscher