Das Zahlengedicht

Zahlen sind nicht nur zum Rechnen da, sie lassen sich auch wunderbar in Gedichte einbauen. Durch die spielerische Kombination von Zahlen und Buchstaben wirken Gedichte spannend und ausgefallen. Dabei gibt es verschiedene Herangehensweisen, die einfach und dennoch sehr effektiv sind. 
 
Schreiben Sie in Ihrem Gedicht die Zahlen nicht aus, sondern lassen Sie sie als Ziffern stehen. So entsteht ein neues Erscheinungsbild Ihres Gedichts auf einfache Art und Weise: 

Beispiel: „Sekundenzeiger“ nach Hans Arp

dass ich als ich
1 und 2 ist
dass ich als ich
3 und 4 ist
dass ich als ich
wieviel zeigt sie
dass ich als ich
tickt und tackt sie
dass ich als ich
5 und 6 ist
dass ich als ich
7 8 ist
dass ich als ich
wenn sie steht sie
dass ich als ich
wenn sie geht sie
dass ich als ich
9 und 10 ist
dass ich als ich
11 und 12 ist.

 

Die Mischung aus Zahlen und Buchstaben ist der nächste Schritt. Ersetzen Sie Wörter oder Wortteile durch passende Zahlen. Das Sprachspiel erweitert sich dadurch um eine zweite elementare Reihe, und eine Verfremdung des Textes tritt ein.

Beispiel: „Menschen bei N8“ nach Rainer Maria Rilke

 Menschen bei N8

Die Nächte sind nicht für die Menge gem8.
Von d1em Nachbar trennt dich die N8,
und du sollst ihn nicht suchen trotzdem.
Und machst du n8s d1e Stube licht,
um Menschen zu schauen ins Angesicht,
so musst du bedenken: wem.

Die Menschen sind furchtbar vom Licht entstellt,
das von ihren Gesichtern träuft,
und haben sie n8s sich zusammengesellt,
so schaust du 1 wankende Welt
durch1andergehäuft.
Auf ihren Stirnen hat gelber Sch1
alle Gedanken verdrängt,
in ihren Blicken flackert der W1,
an ihren Händen hängt
die schwere Gebärde, mit der sie sich
bei ihren Gesprächen verstehn;
und dabei sagen sie: Ich und Ich
und m1en: Irgendwen.

 

Zahlen lassen sich auch in die konkrete Poesie einbeziehen, wobei die Zahl, in unserem Beispiel die Ziffer 6, sowohl Inhalt als auch die Form angibt.

Und nun versuchen Sie es und lassen Sie Ihrer Phantasie freien Lauf!
Viel Spaß dabei!