Die Entzückung an Laura

Die Entzückung an Laura
Laura, über diese Welt zu flüchten

Wähn' ich - mich in Himmelmaienglanz zu lichten,

Wenn dein Blick in meine Blicke flimmt;

Ätherlüfte träum' ich einzusaugen,

Wenn mein Bild in deiner sanften Augen

Himmelblauen Spiegel schwimmt.

Leierklang aus Paradieses Fernen,

Harfenschwung aus angenehmern Sternen

Ras' ich in mein trunknes Ohr zu ziehn;

Meine Muse fühlt die Schäferstunde,

Wenn von deinem wollustheißen Munde

Silbertöne ungern fliehn.


Amoretten seh' ich Flügel schwingen,

Hinter dir die trunknen Fichten springen,

Wie von Orpheus' Saitenruf belebt;

Rascher rollen um mich her die Pole;

Wenn im Wirbeltanze deine Sohle

Flüchtig wie die Welle schwebt.


Deine Blicke - wenn sie Liebe lächeln,

Könnten Leben durch den Marmor fächeln,

Felsenadern Pulse leihn;

Träume werden um mich her zu Wesen,

Kann ich nur in deinen Augen lesen:

Laura, Laura mein!
Friedrich Schiller